Entscheidungen reifen und fallen. Sie lösen sich schließlich vom Subjekt der Entscheidung „gleich einer überreifen Frucht“ (Alfred Schütz).
Oder sie werden gefällt. Dezisionen sind in dieser Sicht Schnitte in die Welt, womöglich heroische Akte. Wo der Schnitt, der Ruck, bei Kierkegaard: der Sprung die Kategorie der Entscheidung wird, kommt ein Moment der Willkür und des Dezisionismus – des Mangels an Begründung – ins Spiel, und da wird es schnell ungemütlich.
Edmund Stoiber trug in seinen frühen Jahren, als er noch CSU-Generalsekretär respektive Leiter der bayrischen Staatskanzlei unter Strauß war, den Kampfnamen „das blonde Fallbeil“. Dass Stoiber einst als entscheidungsstark galt, können sich die Jüngeren kaum noch vorstellen.
Dieses Rätsel hat Kurt Kister in der Süddeutschen Zeitung (vom 12./13.11.2006) gelöst. Es war gar nicht so, dass damals Stoiber die Entscheidungen fällte. Es gab eine Arbeitsteilung: „Wenn jemand anders den Mechanismus löste, ist der Stoiber pfeilgenau heruntergesaust und hat den Kopf vom Rumpf getrennt. Am Mechanismus saß damals Franz Josef Strauß.“
Erstmals in: Kunst des Entscheidens. Velbrück Wissenschaft Weilerswist 2011.
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