Zum Hauptinhalt der Webseite
Der Diskurs verschiebt sich

Was sind die Folgeprobleme mobiler Arbeit?

  • Kai Matthiesen
  • Freitag, 25. November 2022

Hybride und mobile Arbeitsmodelle gehören nun zum Alltag vieler Organisationen. Die jeweiligen Lösungen wurden gefunden und sind nun im Einsatz. Das heißt: Der Diskurs verschiebt sich. Weg von der Frage, welche Lösung die beste ist – hin zu den Konsequenzen, die sich aus den gewählten Lösungen ergeben.

„Wie jetzt führen?“ war noch im Frühjahr diesen Jahres eine sehr präsente Frage für die Führungskräfte, die wir für die gleichnamige Studie interviewen konnten. Man hatte sich gerade erst auf neue Arbeitsmodelle festgelegt, die mobile Arbeit und Arbeit vor Ort in ein produktives Verhältnis für die jeweilige Organisa­tion setzen sollten. Oft wurde uns gesagt, die Strukturen seien noch „weich“, man sei also noch im Prozess der Gestaltung. Zu diesem Zeitpunkt waren die Folgen für manche der getroffenen Entscheidungen noch nicht abzusehen.

Im Herbst hatten wir die Chance, im Rahmen unserer „Swiss Edition“ weitere Interviews in der Schweiz zu führen. Neben den schon besprochenen lokalen Unterschieden wird auch ein Unterschied deutlich, der auf den anderen Zeitraum zurückzuführen ist: Die Erfahrungen mit mobilen und hybriden Arbeits­modellen sind jetzt gesammelt, auf die Frage, wie jetzt geführt werden soll, gibt es erste Antworten. Worum es für viele Unternehmen jetzt geht, ist: Wie geht man mit den Folgeproblemen um, die diese Antworten haben?

Regelungen zu mobiler Arbeit sind mehr­heitlich etabliert

In den meisten Schweizer Unternehmen, mit denen wir im Herbst 2022 sprachen, haben sich mittlerweile Regelungen für mobile Arbeit etabliert – meist durch Anpassungen bestehender Personalreglemente oder die Ergänzung neuer Richtlinien. Die Mehrheit setzt dabei auf eine Form von hybridem Arbeiten, die Freiheiten bzgl. des Arbeitsortes erlaubt, jedoch eine Mindestpräsenzzeit festlegt. Viele Organisationen kennen dabei keine allgemeinen Regeln, sondern überlassen die genaue Festlegung den einzelnen Abteilungen bzw. Teams. Auch wurde mehrfach erwähnt, dass selbst jenseits dieser allgemein gültigen Regelungen weitergehende Freiheiten durchaus gebräuchlich seien, solange diese mit den Vorgesetzten abgestimmt werden.

Die Konsequenzen mobiler Arbeit rücken in den Fokus

Der Fokus unserer Gesprächspartner:innen im Herbst 2022 lag daher verstärkt auf Fragen, die sich mit den Auswirkungen dieser hybriden Arbeitsweise beschäftigen. Dabei ging es fast immer um Fragen der Integration und Identifikation. Viele Führungskräfte und HR-Fachleute treibt die Sorge um, dass bei einer geringeren Präsenz der Mitarbeitenden „die Unternehmenskultur leide“. Dem versucht man gezielt entgegenzuwirken, z.B. durch neue Austausch­formate und gemeinsame Anlässe auf Team- oder Unternehmensebene – und zwar explizit in Präsenz.

Durch die Pandemie hat die Bindung an ein spezifisches Unternehmen nachgelassen. Der gemeinsame Ort der Arbeit jedoch schafft Bindung. Deshalb ist es klug, an einem gemeinsamen Arbeitsort zumindest teilweise festzuhalten.

Jan Dietrich Müller

Head of Group Communications, Swiss Re

Auffällig war zudem, dass sich derzeit viele Unternehmen mit neuen Formen von Führung, z.B. im Bereich Leistungsmessung und -beurteilung, beschäftigen. Insgesamt führe dabei der Weg von transaktionaler zu transformationaler Führung, so ein öfters beschriebener Eindruck, den auch Marco Beutler, Leiter Personal Gesamtbank, Zürcher Kantonalbank, teilt:

Es zeigt sich jetzt noch deutlicher der Unterschied zwischen „Regieren“ und „Führen“. Wer regiert, will den Arbeits­prozess und die Mitarbeitenden überwachen und braucht dafür Anwesenheit. Wer führt, will die Mitarbeitenden unterstützen, Steine aus dem Weg räumen und fokussiert auf Resultate und Leistung.

Wie wird das Büro jetzt sinnvoll genutzt?

Einige der befragten Unternehmen beschäftigen sich neu auch mit der Nutzung bestehender Räumlichkeiten. Dabei werden etablierte, aber auch erst kürzlich entwickelte Raumkonzepte kritisch hinterfragt. Insbesondere stellt sich die Frage, wie der vorhandene Platz stärker als Interaktionsraum genutzt werden kann, wenn „stille Arbeit“ nun tendenziell im Homeoffice stattfindet. Damit stellen sich auch andere Fragen im Umgang mit den Mitarbeitenden, sagt etwa Ron Schneider, Head of Human Resources, PostFinance:

Die Frage ist doch nicht: Wie bringen wir die Mitarbeitenden zurück ins Büro? Sondern: Wofür nutzen wir unsere vorhandenen Flächen? Wir gehen da ganz nach dem Motto: Follow the crowd!

Fazit: Die Fragen bleiben, die Antworten wandeln sich

Mit Rückblick auf die Fragen, die wir bereits im Frühling identifiziert haben, zeigt sich, dass sie granularer werden – jetzt, wo die ersten konkreten Antworten gefunden sind. Für uns scheinen folgende Fragen jetzt in den Vordergrund zu rücken:

A Braucht es einen gemeinsamen Ort für die Entwicklung einer gemeinsamen Identität?

B Wie führt man Teams in einem hybriden Setting zu Bestleistungen?

C Wie sieht eine zeitgemäße Infrastruktur in Zeiten von hybrider Arbeit aus?

Wir werden weiter mit Neugier begleiten, welche Antworten Organisationen finden werden.

Die komplette Studie lesen

Dieser Artikel ist ein überarbeiteter Auszug aus unserer „Swiss Edition“ zur Studie „Wie jetzt führen? Warum mobile Arbeit Führung verändert.“ Die gesamte „Swiss Edition“ gibt es hier zum kostenlosen Download:

Kostenloser Download der „Swiss Edition“

Wie jetzt führen? Warum mobile Arbeit Führung neu formt.

Autor
Kai Matthiesen

Dr. Kai Matthiesen

ist Kaufmann und Wirt­schafts­ethiker. Seit 2001 ist er bei Metaplan, heute als geschäftsführender Partner. Er lehrt an der Universität St. Gallen.

LinkedIn® Profil anzeigen

Du interessierst dich für unsere Themen?

Mit dem VERSUS Newsletter halten wir dich regelmäßig über neue Artikel, Themen und Angebote auf dem Laufenden.