Zum Inhalt des Buches „Schattenorganisation“
Das Buch Schattenorganisation handelt von einem Organisationskonzept, von dem die allermeisten Mitglieder einer Organisation nie etwas gehört haben und vermutlich auch nie etwas hören werden. Das Konzept der Holacracy wird als Lösung für die Krise der Hierarchie und die durch Abteilungen hervorgerufene Silobildung in Organisationen angepriesen. Statt, wie sonst üblicherweise der Fall, nur eine Stelle im Unternehmen einzunehmen, können Mitglieder in holakratischen Organisationen eine Vielzahl von verschiedenen Rollen einnehmen. Die Entscheidungsfindung findet nicht mehr über Anweisungen statt, sondern Mitarbeiter agieren in ihren Rollen selbstständig. Statt nur Mitglied eines Teams zu sein, können sich die Mitglieder unterschiedlichen Zirkeln zuordnen. Die weitgehend autonom arbeitenden Zirkel werden lediglich noch über Führungs- und Repräsentationsglieder miteinander verbunden, die nichts mehr mit den klassischen Hierarchien in Organisationen zu tun haben.
Das Konzept der Holacracy hat in der Diskussion unter Beratern und Managern eine gewisse Aufmerksamkeit erhalten, weil es versprochen hat, den sehr allgemeinen Begriff der Agilität in konkrete Handlungsanweisungen in Organisationen zu übersetzen. Aber selbst bei großzügigen Schätzungen muss man feststellen, dass das Konzept weltweit von maximal 0,0000001 Prozent aller Organisationen eingeführt und von einer Reihe dieser Organisationen nach wenigen Jahren wieder aufgegeben worden ist. Warum sollte man sich mit einem Managementkonzept befassen, das weltweit vielleicht in einigen hundert Organisationen ausprobiert worden ist und von nicht wenigen nach kurzer Zeit wieder abgeschafft wurde?
Holacracy – nur eine weitere Managementmode?
Auf den ersten Blick handelt es sich bei der Holacracy um eines von unzähligen Modellen, die unter dem Label der Agilität versprechen, dass Organisationen mit ihrer Hilfe schneller und flexibler auf sich permanent verändernde Umweltbedingungen reagieren können. Bei einer oberflächlichen Lektüre wirkt die Holacracy lediglich wie eine weitere Managementmode, in der von Beratern fast alles, was im Diskurs über neue Organisationsformen an der einen oder anderen Stelle erwähnt wurde, zusammengerührt wird. Weil die Ideen, die in der Holacracy vertreten werden, in den meisten Fällen mehrere Jahrzehnte alt sind und in den in regelmäßigen Zyklen wieder aufkommenden Diskussionen über neue Organisationsformen aufgewärmt werden, kann leicht der Eindruck entstehen, dass es sich lediglich um den bekannten alten Wein in neuen Schläuchen handelt.
Auf den zweiten Blick wird jedoch deutlich, dass sich Holacracy an einem Punkt grundlegend von anderen unter dem Begriff der Agilität gehandelten Managementkonzepten unterscheidet. Während die Promotoren anderer Managementkonzepte bestenfalls einen Werkzeugkasten präsentieren, aus dem sich Organisationen die für sie geeigneten Hilfsmittel heraussuchen können, wird die Holacracy als ein geschlossenes Organisationskonzept propagiert, in denen die einzelnen Elemente präzise aufeinander abgestimmt seien. Die Elemente griffen, so jedenfalls das Versprechen, so genau ineinander, dass eine neuartige Organisationsform ohne Silobildung und ohne Hierarchie geschaffen werden könne.