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Ambidextrie beschreibt eigentlich die Fähigkeit von Menschen, anspruchsvolle Tätigkeiten mit beiden Händen gleich gut ausführen zu können. Diese Beidhändigkeit lässt sich aber auch auf Organisationen übertragen, wenn es diesen gelingt, effizient und innovativ zu sein.

Zielkonflikte in Organisationen besser verstehen

Effizienz möchte bestehende Strukturen und Prozesse optimieren und deren Potenziale voll ausschöpfen (Exploitation). Demgegenüber will Innovation neue Geschäftsfelder suchen und für die Organisation erschließen (Exploration). Dieser elementare Zielkonflikt lässt sich nicht vollständig auflösen. Organisationen bleibt daher nichts anderes übrig, als die Verträglichkeit beider Ziele gut zu gestalten und die entstehenden Reibungen möglichst produktiv zu nutzen. Gestaltungsvarianten ergeben sich in drei verschiedenen Dimensionen.

Ambidextrie in der zeitlichen Dimension

Organisationen können im Laufe ihres Bestehens zwischen Phasen der Exploration und Phasen der Exploitation wechseln. So agieren Start-ups häufig in einem sehr innovationsgetriebenen Umfeld, während etablierte Unternehmen mehr Wert auf die Optimierung bestehender Prozesse legen. Aber auch Krisen oder Marktveränderungen können dazu führen, dass sich die oberste Zielsetzung einer Organisation wieder verändert.

Ambidextrie in der strukturellen Dimension

Möchte eine Organisation Effizienz und Innovation gleichzeitig umsetzen, kann sie die Ziele unterschiedlichen Organisationseinheiten übertragen. Dann kümmert sich die Produktionsabteilung um die Ausschöpfung der vorhandenen Potenziale, während die Abteilung für Forschung und Entwicklung im Nachbargebäude den innovativen Part übernimmt.

Ambidextrie in der kontextuellen Dimension

Die dritte und anspruchsvollste Gestaltungsvariante ist die Implementierung von Ambidextrie innerhalb einer Organisationseinheit. Der ständige Wechsel zwischen Effizienz- und Innovationslogik je nach aktueller Aufgabe oder Projekt erfordert jedoch ein hohes Maß an Flexibilität von Führungskräften und Mitarbeitenden. Zielkonflikte sind hier nicht zeitlich oder strukturell organisiert, sondern müssen immer wieder auf persönlicher Ebene ausgehandelt werden.

Reibung produktiv nutzen

Start-ups haben Wachstumsschmerzen, wenn sie langsam aber sicher zu einem kleinen Unternehmen werden. An den Grenzstellen zwischen F&E einerseits und Produktion andererseits prallen die beiden Logiken aufeinander. Missverständnisse sind vorprogrammiert, wenn von jedem einzelnen Organisationsmitglied Ambidextrie gefordert wird. In allen drei Fällen kommt es darauf an, die Beidhändigkeit von Organisationen klug zu gestalten und die entstehenden Reibungen produktiv zu nutzen.

Auch Stefan Kühl und Andreas Hermwille haben sich in einer Folge des Podcasts „Der ganz formale Wahnsinn“ mit dem Thema Ambidextrie beschäftigt. Gemeinsam gehen sie der Frage nach, wie viele Entscheidungen in Organisationen wirklich Dilemmata sind. Die Podcastfolge ist hier zu finden.