Wie, wenn auch das, was wir manchmal Kompetenz zu nennen geneigt sind, in Wirklichkeit Zufall ist – und Fortüne, von der wir entweder annehmen müssen, dass sie manch einem auf geheimnisvolle Weise „an den Fingern klebt“, oder, dass sie ihm ex post facto zugeschrieben wird, als billige ex-post-Prognose – „Das mußte ja so kommen“ – und, soweit es die Zukunft betrifft, als gegen widerstreitende Erfahrung kunstvoll immunisiertes Passpartout, als Leerformel?
Wenn der Zufall kein Zwerg ist, sondern vielmehr ein Riese, wie auch einer wusste, der sich Marquards Gunst nicht erfreute, nämlich Friedrich Nietzsche?
Dabei könnte man Fortüne zum großen Teil als zufällig ausgelöste und sodann selbstverstärkte Erfolgsaffinität entziffern, einschließlich jener Komplikationen, die sich durch erfolgsabhängige Zuschreibungen ergeben, Zuschreibungen, die sich durch widerstreitende Erfahrung nicht irritieren lassen – man denke an Franz Beckenbauer – und/oder als selbsterfüllende Prophezeiung wirken, Letzteres zum Beispiel, weil die Zuschreibung von Kompetenz durch die einen weitere ähnliche Zuschreibungen durch andere, zum Beispiel durch Kunden, aber auch das Selbstbewußtsein, interne Motivation und Commitment fördert, übrigens auch: die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung, der Rekrutierung hochqualifizierten Personals, die Kompetenz, geeignete Koalitionen zu schmieden, und so manches andere.
Dann würde sich nicht alles, aber vieles, das wir mühsam irgendwelchen Erfolgsfaktoren zuschreiben, als Folge glücklichen Zufalls entpuppen, der nach dem Matthäus-Prinzip Selbstverstärkungen vielfältiger Art erfährt: Wer hat, dem wird gegeben werden. Wo Tauben sitzen, fliegen Tauben zu. Success breeds success. Es können auch Kompetenz-Tauben sein, denn auch Kompetenzerwerb und Lernfähigkeit können dem Muster eingebauter Selbstverstärkung folgen: Je mehr ich weiß und kann, desto besser kann ich noch mehr lernen. Oft aber sind es nur Finanz-Tauben, die zufliegen: Mein finanzieller Erfolg gestern gibt mir die Mittel, meinen Erfolg heute und morgen zu sichern und auszubauen.
Das könnte erfolgsverwöhnte Manager Demut lehren. Eher aber nährt es Hybris. Dann heißt es womöglich: „Noch kämpfen wir Schritt um Schritt mit dem Riesen Zufall, und über der ganzen Menschheit waltete bisher noch der Unsinn, der Ohne-Sinn.“